Dr. forest Christoph Hoffmann

Plenarrede zur Situation in Kamerun

Meine Rede im Plenum zur Situation in Kamerun. Ich habe schon im Juni einen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem wir die Bundesregierung auffordern, sich gemeinsam mit den europäischen Partnern für eine Lösung der Krise in Kamerun einzusetzen und künftig stärker und früher auf Konfliktprävention zu setzen.

Hier das Video; weiter unten der Text zum Nachlesen:

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Herr Präsident!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Im anglophonen Teil Kameruns herrscht inzwischen ein Bürgerkrieg. Es ist die letzte Station eines langen Versagens der Regierung in Yaoundé, die seit 20 Jahren die versprochene und in der Verfassung verankerte Regionalisierung nicht geschafft oder auch nicht gewollt hat.

Im anglophonen Teil sind die Schulen jetzt seit zwei Jahren geschlossen. Kinder werden von Militärs erschossen. Alte Menschen verbrennen in von der Armee angezündeten Häusern. 300 000 Menschen sind auf der Flucht im eigenen Land; 30 000 sind schon nach Nigeria geflohen. Und die Felder einer sehr fruchtbaren Gegend werden nicht mehr bestellt; der Hunger wird folgen. Sie sehen: Kamerun driftet in eine humanitäre Katastrophe.

Deutschland leistet seit 50 Jahren Entwicklungszusammenarbeit in Kamerun, und trotz aller Gelder - nicht nur von Deutschland, sondern auch multilateral - ist es nicht gelungen, das Land entscheidend zu stabilisieren. Die Bundesregierung - da muss ich Ihnen ein bisschen widersprechen, Herr Frei - bemüht sich zu wenig und vor allem viel zu spät um die Prävention von Konflikten in Afrika insgesamt.

(Beifall bei der FDP sowie bei
Abgeordneten des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese Konflikte sind absehbar; aber es wird, wie gesagt, viel zu langsam reagiert - wenn überhaupt. So auch in der Kamerun-Krise: Wir hatten unseren Antrag ja schon im Juni eingebracht und sind jetzt froh, dass wir ihn endlich debattieren können.

Warum wird der Werkzeugkasten zur Krisenprävention nicht rechtzeitig ausgepackt? Wo waren die Bemühungen oder Erfolge der Bundesregierung, eine EU-Initiative auf den Weg zu bringen? Wo sind die Bemühungen Deutschlands im Sicherheitsrat, um diese humanitäre Katastrophe noch zu verhindern oder zumindest zu mildern? Wo ist der multilaterale Druck?

Der Konflikt im anglophonen Teil Kameruns ist ein völlig überflüssiger, grausamer und blutiger Konflikt und das Allerletzte, was die arme Bevölkerung dort brauchen kann; aber es ist kein Ende in Sicht.

(Beifall bei der FDP)

Dabei sind die Anliegen der anglophonen Bevölkerung durchaus berechtigt; die Vorrednerin hat das durchaus richtig erwähnt. Die Lösung kann aber nur in einer Regionalisierung oder im föderalen Prinzip liegen. Deutschland hat ganz gute Erfahrungen mit dem Föderalismus und mit regionaler Selbstverwaltung gemacht. Deshalb kann sich Deutschland deutlich besser als andere als Vermittler anbieten, was bisher gar nicht passiert ist.

(Beifall bei der FDP)

Am letzten Sonntag haben die Kameruner einen neuen Präsidenten gewählt, und es wird noch 14 Tage dauern, bis die Stimmen ausgezählt sind. Dann wird der 85-jährige Anführer, der es vorzieht, mehrere Monate außer Landes in ganzen Stockwerken von Fünf-Sterne-Hotels zu wohnen, wieder zum Präsidenten erklärt werden. Von den 24 Millionen Kamerunern waren nur 6,5 Millionen für die Wahl registriert; im anglophonen Teil fand die Wahl eigentlich nicht statt. Und eine Wahl, die keine faire Wahl ist, in einem Rechtsstaat, der keiner ist, kann man eigentlich nicht akzeptieren.

Daher muss die internationale Gemeinschaft eine Übergangsphase nach der Wahl aushandeln, in der die nationale Versöhnung ermöglicht und vielleicht auch ein Rückzug des Präsidenten möglich wird. Sie, Herr Maas und Frau Merkel, müssen hier Führung übernehmen. Handeln Sie endlich, statt später wieder Steuergelder für Nothilfen in Anspruch nehmen zu müssen!

(Beifall bei der FDP)

Eine Untätigkeit kann nicht in unserem Interesse sein; denn sonst hat der amerikanisch-nigerianische Schriftsteller Cole wieder einmal recht mit seinem Ausspruch, den ich mit der Genehmigung des Präsidenten zitiere:

Der weiße Retter duldet morgens brutale Politik, gründet nachmittags eine Hilfsorganisation und bekommt abends dafür eine Auszeichnung.

Setzen wir dem endlich ein Ende! Wachen Sie auf, Herr Maas!

(Beifall bei der FDP)