Dr. forest Christoph Hoffmann

Plenarrede zum Antrag der AfD "Entwicklungshilfe für bei Abschiebungen nicht kooperierende Staaten beschränken"

Meine Plenarrede zum Antrag der AfD, Entwicklungshilfe (ja die AfD spricht noch immer von Entwicklungshilfe statt von Zusammenarbeit) für bei Abschiebungen nicht kooperierenden Staaten zu kürzen. 
Diese Forderung hält einer seriösen Prüfung nicht stand. Eine Streichung der deutschen EZ-Mittel ist meist unwirksam, weil diese nur wenige Promille am BIP ausmachen und außerdem die Falschen treffen. Vielmehr sollten wir die wesentlich wirksameren Mittel der Diplomatie voll ausschöpfen und im äußersten Fall zu Sanktionen gegen die Regierenden greifen.

Hier das Video; weiter unten der Text zum Nachlesen:

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Der Titel des Antrags der AfD zeigt wieder, dass sie nicht auf der Höhe der Zeit ist.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Denken der AfD ist in Zeiten stehengeblieben, als es in den Kirchen noch Nick-Negerlein gab. Das war eine Plastikfigur, in die man Geld hineingeworfen hat, woraufhin sie artig genickt hat. - Sie sprechen heute immer noch von Entwicklungshilfe statt -zusammenarbeit. Das zeigt, wes Geistes Kind Sie sind.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Anliegen des Antrags, die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit wegen Rücknahmeverweigerung von Staaten zu streichen, ist eine Idee, die der Autor wohl am Stammtisch aufgegriffen hat.

(Dr. Franziska Brandtner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Am rechten Stammtisch!)

Es ist verständlich, dass am Stammtisch so gesprochen wird; denn das Unverständnis der Menschen draußen über die mangelnde Abschiebung ist durchaus groß. Die Regierung hat außer markigen Worten hier auch nicht viel zustande gebracht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wir sind aber heute hier im Bundestag und eine Aneinanderreihung von Stammtischparolen hält einer näheren abwägenden Betrachtung sicherlich nicht stand. Deshalb lassen Sie uns den Sachverhalt genauer anschauen.

Es ist grundsätzlich nicht akzeptabel, dass Asylbewerber nicht kooperativ sind, Ausweise vernichten oder ihre Identität und Herkunft verschleiern. Dafür gibt es eigentlich keinen Grund. Es ist auch nicht akzeptabel, dass die Staaten ihre Angehörigen nicht mehr zurücknehmen oder ihnen die Staatsangehörigkeit einfach aberkennen oder sie bezweifeln. Aber warum verschleiern Asylsuchende die Herkunft, warum nehmen Staaten ihre Leute nicht zurück? Es geschieht, weil es ökonomisch für sie klar besser ist.

Aber eine Streichung der deutschen EZ-Mittel ist meist unwirksam, weil diese Mittel nur wenige Promille am Bruttoinlandsprodukt dieser Staaten ausmachen. Nehmen wir ganz konkret die Forderung des AfD-Abgeordneten Waldemar Herdt, der hier am vergangenen Donnerstag für die Einstellung der Entwicklungszusammenarbeit mit Kamerun plädiert hat.

Die deutsche EZ macht gerade einmal 1 Prozent am Haushalt Kameruns aus, und der deutsche Anteil an den gesamten ODA-Mitteln für Kamerun liegt bei etwa 10 Prozent. Was, glauben Sie nun, wird Kamerun tun, wenn Deutschland die EZ-Mittel streicht? Nichts, weil es für die Regierenden dort unbedeutend ist; das sind die entscheidenden Figuren. Die Streichungen von EZ-Mitteln träfen hingegen die Armen, sie träfen die Jugend, weil dann Agrarförderung oder Bildung oder Demokratieförderung abgestellt werden. Damit würde außerdem in ungleichem Maße der Migrationsdruck, den Sie ja so beklagen, erhöht. Es trifft also die Falschen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), an die AfD gewandt: Genau das wollen Sie!)

Was brauchen wir? Erstens. Die Außenpolitik muss handeln, um in den Ursprungsländern Rücknahmebereitschaft zu erzielen. Diplomatie ist das erste und das beste Mittel, was es hier gibt,

(Dr. Alexander Gauland (AfD): Ja, ja!)

und das ist bei Weitem nicht ausgereizt. Danach sind Sanktionen wie Visa-Maßnahmen, Sanktionen gegen Regierende, engste Freunde der Regierenden oder das Einfrieren von Bankkonten durchaus auch Maßnahmen, die man prüfen kann. Das trifft dann auch die Richtigen.

Zweitens. Die Bundesregierung hat es seit Jahren versäumt, die gesetzlichen und verwaltungstechnischen Grundlagen für zügige Asylverfahren und schnellere Rückführungen zu schaffen. Die FDP hat dazu einen Gesetzentwurf für ein modernes und längst überfälliges Einwanderungsrecht vorgelegt.

Drittens. Meine Erfahrungen als Bürgermeister zeigen, dass nicht kooperative Asylbewerber ihre Papiere wiederfinden oder sie von zu Hause zugeschickt bekommen, wenn es wirklich ernst wird. Also wäre das wichtigste und erste Mittel nicht, die EZ zu streichen, sondern die Ernsthaftigkeit unseres Rechtstaates den angeblich Papierlosen klarzumachen.

(Lachen eines Abgeordneten der AfD)

Außenministerium und Innenministerium müssen also endlich handeln und die Klaviatur der Möglichkeiten kreativ ausreizen, ohne das Kind, wie Sie es wollen, mit dem Bade auszuschütten. Pauschale EZ-Streichungen sind falsch und verquer.Jeder Fall liegt anders und muss einzeln geprüft werden.

(Beifall bei der FDP)